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Schlagwort: Jessen

Eine Melodie des Abschiednehmens

Wie klingt sie, die Klage über den Verlust einer Liebe? Am Dienstag, den 10. Mai 2023 beantwortete die junge Literaturwissenschaftlerin und Autorin Gesa Jessen bei ihrer Lesung uns – den Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 1 – diese Frage. Sie las aus ihrem 2022 erschienen Debut-Roman „Ein lautes Lied“ berührende Momente ihrer Figur Gesa Jessen, in der sie sich als fiktionales Selbst verwirklicht hat, und hat mit ihrem Besuch einen bleibenden Eindruck im Publikum hinterlassen.

Im vorgestellten Buch stimmt die gleichnamige Erzählerin keinen bloßen Abgesang, sondern eine liebevolle Würdigung ihrer ausgelebten Beziehung an: Die Protagonistin gewährt einen tagebuchartigen Einblick in ihrem Neuanfang, verbunden mit Reflexionen über vergangene Erlebnisse. Dabei spricht sie ihren Ex-Partner weiterhin in Verbundenheit als „Du“ an und überdenkt ihre gemeinsame Erinnerung und Liebe, aber auch das Zerbrechen der Beziehung. Offenkundig liegt der Figur, wie die Autorin bekundet, viel daran, nicht nur den Verlust als „Herzschmerz“ zu verarbeiten, sondern zugleich ihre Verarbeitungsschritte sowie die verflossene Liebe in philosophischen Gedankengängen wie in einem Archiv schriftlich zu verewigen. Rückblenden, Reflexionen und Referenzen zu literarischen oder philosophischen AutorInnen wie Walter Benjamin, Jacques Lacan oder Theodor W. Adorno prägen dabei das Schreiben einer (Autorinnen-)Erzähler-Figur, die autofiktional ihre zerbrochene Beziehung in London verarbeitet, um in Berlin am Ende „neu“ starten zu können.

Nachdem uns zu Beginn der Romananfang vorgelesen wurde, zeigte sich die Autorin sichtlich beeindruckt und erfreut über unsere sich steigernde Neugier. Wir bekundeten unser Interesse und Gefallen mit zahlreichen, vielfältigen und sensiblen Nachfragen. Zum Werk und zur Schriftstellerei gewährte Gesa Jessen im einstündigen Dialog mit unserer Kursstufe authentische Einblicke, die in der Ehrlichkeit, Ausführlichkeit und Nahbarkeit große Wirkung entfalteten. So offenbarte Katharina Lux: „Ein kreativer Weg mit dem Ende eines Lebensabschnittes umzugehen, wird in philosophisch inspirierenden Gedankengängen geschildert.“ „Gesa Jessens einzigartiger Schreibstil“, so hielt Nike Stammberger fest, „führt ihre persönliche Einarbeitung des tragischen Verlustes zu einer ganz besonderen Lesererfahrung.“ „Die Autorin“, so Helena Wang, „bedient sich einer sprachlichen Ästhetik, die auf wirkungsvolle Weise anspricht und das Publikum zum Mitfühlen einlädt.“

Diese außergewöhnlichen neunzig Schulminuten verdanken wir allerdings nicht nur der Autorin Gesa Jessen. In dieser Form ermöglicht hat die Lesung nämlich einerseits die Buchhandlung Akzente (AKZENTE – Bücher und Wein), namentlich die Inhaberin Frau Pieper-Basler und ihre Kollegin Frau Peiseler, und andererseits unser Förderverein des Grimmelshausen-Gymnasiums Offenburg e. V.: Beiden möchten wir herzlich danken in der Hoffnung, bald wieder an einer so inspirierenden Lesung teilhaben zu dürfen!

 

Der Deutsch-LK (Hr. Niemann) Bilder: Rsn